2 Verantwortliche / Ansprechpartner: Stabsstelle Sozialplanung und Steuerung Fachbereich Soziales, Jugend, Schule und Gesundheit Katja de Jong, Telefon 04121/4502-3394 E-mail: k.dejong@kreis-pinneberg.de Christoph Kennerknecht, Telefon 04121/4502-3393 E-mail: c.kennerknecht@kreis-pinneberg.de 3 Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung ............................................................................................................................................. 4 2. Prozessorganisation ............................................................................................................................ 4 3. Mögliche sozialpolitische Handlungsfelder ......................................................................................... 10 3.1 Handlungsfeld Infrastruktur sozialer Angebote ............................................................................. 11 3.2 Handlungsfeld Mobilität ................................................................................................................ 12 3.3 Handlungsfeld Gesundheit ........................................................................................................... 14 3.4 Handlungsfeld Wohnen ................................................................................................................ 15 3.5 Handlungsfeld Bildung ................................................................................................................. 17 3.6 Handlungsfeld Integration ............................................................................................................ 19 3.7 Handlungsfeld Inklusion ............................................................................................................... 20 3.8 Handlungsfeld Ärztliche Versorgung und Pflege .......................................................................... 21 3.9 Handlungsfeld Arbeit .................................................................................................................... 23 3.10 Handlungsfeld Armut .................................................................................................................. 24 3.11 Handlungsfeld Leben und Freizeit .............................................................................................. 26 3.12 Zusammenfassende Betrachtung der Handlungsfelder ............................................................. 27 4. Integration der Fachplanungen und Verantwortung für Steuerung und Koordination ................................................................................................................................ 31 4 1. Einleitung Mit der Empfehlung an den Kreistag sollen die Ergebnisse des bisherigen Sozialpla- nungsprozesses transparent erläutert und die Optionen für den weiteren Aufbau ei- ner integrierten Sozialplanung beim Kreis Pinneberg dargestellt werden. Alle bisherigen Aktivitäten, Erkenntnisse und Ergebnisse sind in diesem Bericht „So- zialplanung Fokus 2016“ zusammengefasst. Er gibt erste Hinweise auf mögliche Handlungsfelder, für die es im Hinblick auf eine nachhaltige Steuerung kommunaler Sozialpolitik lohnenswert erscheint, die bisherigen Erkenntnisse weiter zu analysie- ren und zu ergänzen und liefert dadurch erste Impulse für eine zielgerichtete Weiter- entwicklung. Mit dem Beschluss vom 29.01.2015 hat der Kreistag die Verwaltung beauftragt, wei- ter an dem Konzept sozialer Entwicklung und Steuerung zu arbeiten und folgende Schritte vorzubereiten: Ausarbeitung eines Vorschlages, welche Handlungsfelder zukünftig mit welcher Priorität bearbeitet werden sollen Ausarbeitung eines Vorschlages, welche bisherigen Fachplanungen einzubeziehen sind und in welcher Form dies geschehen soll Des Weiteren ist die Prozessorganisation im Rahmen der Sozialplanung darzustellen und es sind Verantwortlichkeiten für die Steuerung und Koordination festzulegen. Nachfolgend wird zunächst die Prozessorganisation im Rahmen der Sozialplanung dargestellt. Die in diesem Text verwendeten Formulierungen gelten für Personen beiderlei Ge- schlechts. Wenn in diesem Text der Einfachheit halber nur die männliche Form ver- wendet wird, ist die weibliche Form selbstverständlich immer mit eingeschlossen. 2. Prozessorganisation Das Verständnis von Sozialplanung beim Kreis Pinneberg orientiert sich am Ma- nagement-Kreislauf des neuen Steuerungsmodells: Auf der Basis von Prozessen der Bestandsanalyse und Bedarfsermittlung werden Ziele definiert und Maßnahmen partizipativ miteinander entwickelt. Eine verantwortli- ! 5 che Planung sichert die Bereitstellung der benötigten Ressourcen. Diese ermögli- chen dann ein gezieltes Handeln, indem die benötigten Angebote und Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger erbracht werden. Ob die Leistungen und die Leistungs- erbringung nachhaltig die gewünschten Wirkungen entfalten und wirtschaftlich sind, wird in bestimmten Abständen überprüft und bewertet. Bei Bedarf findet dann eine Nach- oder Umsteuerung der Leistungserbringung statt. Durch eine flexible Anpas- sung der Angebotslandschaft wird gewährleistet, dass die begrenzten finanziellen Ressourcen optimal zugewiesen werden. Auf diese Art und Weise werden soziale Dienstleistungen in ihrer Ausrichtung und Qualität transparent und messbar, wodurch gleichzeitig Qualitätsverbesserungspro- zesse in der Verwaltung und bei freien Trägern angestoßen werden. Die Grunddaten für eine sozialpolitische Ausrichtung bzw. die Definition sozialpoliti- scher Leitlinien und strategischer Ziele liefert eine integrierte Sozialberichterstat- tung. Der Prozess des Aufbaus einer Sozialplanung beim Kreis Pinneberg wird von Beginn an von einer Planungsgruppe begleitet. Diese setzt sich aus Vertreterinnen und Vertretern des Jobcenter, der Bundesagentur für Arbeit, der Kommunen, der Wohl- fahrtsverbände und freien Trägern der Jugendhilfe, der Senioren, des Schulamtes, der Gleichstellungsbeauftragten sowie Vertretern aller im Kreistag vertretenen Par- teien und unterschiedlichen Organisationseinheiten der Kreisverwaltung zusammen. Sie entscheidet über die Terminplanung und den zeitlichen Ablauf bis zum Beginn der politischen Beratungen, die eingesetzten Methoden und legt die zu Beteiligenden fest. Nach der Beschlussfassung über die mittlere Beteiligungsvariante am 29.01.2015 hat die Planungsgruppe in einer Sitzung im Oktober 2015 empfohlen, die ursprüngli- che Zeitplanung großzügig anzupassen und erst nach vollständiger Besetzung des Teams Sozialplanung und Steuerung einen größeren Workshop zur Definition und Priorisierung möglicher sozialpolitischer Handlungsfelder Ende Mai 2016 durchzuführen. Diesem Vorschlag ist der Kreistag am 18.11.2015 gefolgt. In einem von ihr selbst angeregten Zwischenschritt hat die Planungsgruppe auch an der Vorbereitung des Workshops mitgewirkt und weitere Anregungen zum methodi- schen Vorgehen, insbesondere zur Einteilung der verschiedenen Bürgergruppen nach Altersstufen, gegeben. Außerdem hat sie weitere Personen benannt, die als Vertreter von Bürger- und Interessengruppen noch zusätzlich zum Workshop einge- „Die Angebote werden flexibel angepasst und zielgerichtet entwickelt.“ 6 laden wurden. An dem ganztägigen Workshop haben insgesamt mehr als 70 Vertre- terinnen und Vertreter von Anbietern sozialer Dienstleistungen, der Kommunen, der Kreispolitik, unterschiedlicher Altersgruppen sowie Vertreter aus den Bereichen Ge- sundheit, Wirtschaft und Arbeit sowie der Kreisverwaltung ihre Perspektiven auf den Kreis mit eingebracht. Zur Begrüßung betonte der Landrat Herr Stolz die Bedeutung der Sozialplanung mit dem Ziel der Verbesserung von Lebensqualität trotz begrenz- ter finanzieller Ressourcen. Die Staatssekretärin im Sozialministerium Frau Langner verwies auf die Vorreiterrolle des Kreises Pinneberg bei der Entwicklung einer parti- zipativen Sozialplanung im Land Schleswig-Holstein. Die Veranstaltung gliederte sich in eine Phase von Vorträgen und in eine längere Phase von Kleingruppenarbeit mit mehreren Arbeitsschritten. Der Fachbereichsleiter Herr Willmann erläuterte in den Teilnehmern in seinem Vortrag den Steuerungskreislauf der Sozialplanung. Ein erster sozialplanerischer Blick auf den Kreis ergibt aus der Datenlage einige Beson- derheiten für den Kreis Pinneberg. Einmal wächst die Einwohnerzahl im Kreis stetig besonders durch Familienzuzug aus Hamburg. Nichtsdestotrotz steigt das Durch- schnittsalter kontinuierlich an und der Bevölkerungsanteil der Älteren nimmt zu. Es zeigt sich eine starke Bevölkerungskonzentration in den Städten und den Gemein- den um Hamburg. Einerseits existiert ein relativ hohes durchschnittliches Einkom- men, anderseits gibt es nur eine begrenzte Beschäftigungsdynamik. Viele Bewohner haben ihre Arbeitsstelle außerhalb des Kreises, was zu einer deutlichen Zunahme von Pendlerströmen geführt hat. Nach den Vorträgen haben sich die Teilnehmer zunächst in Kleingruppen in jeweils eine Bürgergruppe hineinversetzt. Als Methode kam die Perspektivenkarte zum Einsatz, bei der vielfältige Sichtweisen und Vorstellungen zu der jeweiligen Bürger- gruppe gesammelt wurden. Nach diesem ersten Arbeitsschritt haben die Teilnehmer in ihrer Kleingruppe einen typischen Bürgervertreter entwickelt mit Namen, Biografie und weiteren relevanten Merkmalen. In einem dritten Arbeitsschritt wurden Vor- schläge erarbeitet, welche Themen, Angebote und Leistungen der Bürgergruppe am wichtigsten sind und was die Bürgergruppe am dringlichsten braucht. Auf dieser Grundlage und durch Ergänzungen aus dem Plenum wurden die mögli- chen Handlungsfelder gemeinsam entwickelt. Diesen Handlungsfeldern wurden dann die priorisierten Vorschläge zugeordnet; so konnte einerseits erkannt werden welche Handlungsfelder generell besonders viele Vorschläge beinhalten und inwie- weit das jeweilige Handlungsfelder für alle oder nur für bestimmte Bevölkerungs- gruppen relevant ist. „Mehr Einwohner durch Zuzug von Hamburger Familien in den Kreis.“ 7 Folgende Handlungsfelder wurden beim Workshop definiert: Leben und Freizeit, Wohnen, Mobilität, Ärztliche Versorgung und Pflege, Infrastruktur sozialer An- gebote, Bildung und Arbeit sowie Integration. Nach Durchführung des Workshops hat die Planungsgruppe Ende Juni 2016 folgen- de weitere Anregungen für die Kreistagsempfehlung gegeben: • Langfristig sollten Betroffene, wie zum Beispiel Jugendliche oder psychisch Kranke, stärker in die Planungsprozesse einbezogen bzw. direkt beteiligt werden. • Die Zahlen, Daten und Fakten sowie die Bedarfe sollten für einige Zielgruppen zukünftig noch vervollständigt werden. • Bei einem Abgleich von Angeboten und zu erwartender Nachfrage sozialer Dienstleistungen sollte man dort Schwerpunkte setzen, wo die Lücke zwischen beiden am größten ist. • Neben der Strukturierung nach Themenschwerpunkten gibt es auch die weiteren Optionen sich an Zielgruppen oder Alters- bzw. Bevölkerungsgruppen zu orientieren. • Die im Workshop ermittelten Handlungsfelder würden vielleicht nicht alle auf einer Ebene liegen und es stelle sich damit die Frage nach einer passenden Systematik. • Die Vernetzung zwischen den einzelnen Handlungsfeldern wurde noch einmal betont. • Mit der Einrichtung von Fokusgruppen könne sich zukünftig eine Veränderung der internen Organisationsstruktur der Verwaltung ergeben, weil eine themenübergreifende Betrachtung dann nicht mehr zu den gegenwärtigen Strukturen passe. Die Arbeit der Planungsgruppe hat sich im bisherigen Verlauf des komplexen Sozial- planungsprozesses und wegen der Querschnittsbezüge zu verschiedenen Fachaus- schüssen als wichtiges begleitendes Gremium im Sinne eines Regulativs und Kor- rektivs erwiesen und bewährt. Nach Festlegung der schwerpunktmäßig zu bearbeitenden Handlungsfelder durch den Kreistag werden die künftigen Arbeitsstrukturen der Fokusgruppen mit der Pla- nungsgruppe gemeinsam entwickelt. ! „Betroffene sollen stärker in die Planung einbezogen werden.“ 8 Auf Basis der grundlegenden Beschlüsse des Kreistages am 26.02.2014 zum Pro- zess der Auftragsklärung und am 28.01.2015 zur Entwicklung eines Konzeptes sozi- aler Steuerung und Entwicklung haben die sozialpolitischen Akteure im Kreis Pinne- berg in den vergangenen zwei Jahren gemeinsam bereits einige wichtige Schritte für den langfristigen Aufbau einer integrativen und partizipativen Sozialpla- nung in die Wege geleitet und umgesetzt: Organisation und Personal • 01.10.2015 Bildung einer Stabsstelle Sozialplanung und Steuerung zur Bündelung von Spezialwissen in den Bereichen Sozialplanung, Sozialcontrolling, Geschäftsführung von Gremien, Moderation und Verhandlung • 2015 Qualifizierungsmaßnahme Sozialplanung beim Verein für Sozialplanung • 01.02.2016 Einstellung eines neuen Sozialplaners Veranstaltungen und Sitzungen • 20.04.2015 Präsentation von Prof. Macsenaere vom Institut für Kinder- und Jugendhilfe im Jugendhilfeausschuss zu Wirkungsorientierung in der Jugendhilfe • 08.09.2015 Fachtag Wirkungsorientierung • 09.10.2015 Treffen Planungsgruppe - Abstimmung weiterer Prozessschritte und Terminplanung • 26.04.2016 Treffen Planungsgruppe - Vorbereitung und Anregungen zum Workshop • 28.05.2016 Informations- und Ideensammlung im Workshop „Sozialpolitische Handlungsfelder und Prioritäten“ • 24.06.2016 Treffen Planungsgruppe - Auswertung des Workshops und Anregungen zur Empfehlung an den Kreistag Projekte und weitere Aktivitäten • 11.2015 Initiative Aktionsplan Versorgung und Integration von Flüchtlingen, Schwerpunkt Kinder und Jugendliche • 12.2015 Pilotprojekt in der Jugendhilfe zur Verknüpfung des Produkthaushaltes mit wirkungsorientierten Kennzahlen 9 • Regelmäßige Information der Fachausschüsse • Erweiterung der Methodenkompetenz durch Veranstaltungen und Fortbildungen • Datenrecherche mit externer Unterstützung • Abstimmungsgespräche im Kontext der Erstellung eines Aktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenkonvention mit dem Ziel Doppelstrukturen zu vermeiden • Aufbau eines Netzwerkes durch Kontakte mit Ansprechpartnern für soziale Fragen bei den Kommunen und dem Land • Methodische Abstimmung mit Facheinheiten zu Fachplanungsprozessen • Datenanalyse und Dateninterpretation für eine erste sozialplanerische Perspektive auf den Kreis • Entwicklung und Vorbereitung eines Hauptprojektes „Wirkungsorientierte Steuerung in der Jugendhilfe“ • Unterstützung und Beratung der Facheinheiten durch Bereitstellung soziostruktureller Daten und Beschreibung von wissenschaftlichen Zielen als interne Dienstleistung (Antragsverfahren Bildungskoordinatoren für Neuzugewanderte) • Datenanalyse zu sozialen Angeboten und Dienstleistungen als Unterstützung politischer Beratungsprozesse • Beteiligung an der Wiederaufnahme der AG nach § 4 SGB XII (Träger der Sozialhilfe) • Bereitstellung und Auswertung von Online-Feedback-Tools • Gestaltung des Vertragsmanagements für soziale Dienstleistungen (Interessenausgleich zwischen Planungssicherheit für die Anbeiter und der Flexibilität, sozialplanerische Erkenntnisse zeitnah in beauftragte Leistungen umzusetzen) • Entwicklung einer Grundstruktur für ein integriertes Datenkonzept und eine kontinuierliche Sozialberichterstattung Mit diesen vielfältigen Aktivitäten wurden systematisch Partizipationsprozesse eingeführt und es konnten bereits erste Impulse für eine lebensphasenübergreifen- de Betrachtung sozialer Fragestellungen gegeben werden. Das Vorgehen ist dabei grundsätzlich nach dem Zwei-Säulen-Ansatz ausgerichtet, der neben vorhandenen Zahlen, Daten und Fakten als harte Faktoren auch weiche Faktoren in Form von Perspektiven unterschiedlicher Interessen- und Bevölkerungsgruppen in eine Bewer- !Next >