Mit Hinweisen zu möglichen Auswirkungen der Corona-Pandemie SOZIAL PLANUNG FOKUS 2020Kreis Pinneberg Fachbereich Soziales, Jugend, Schule und Gesundheit Stabsstelle Sozialplanung und Steuerung Kurt-Wagener-Straße 11 25337 Elmshorn www.kreis-pinneberg.de/sozialplanung Ansprechpersonen: Katja de Jong Jugendhilfe- und Sozialplanerin T 04121 4502-3394 E k.dejong@kreis-pinneberg.de Christoph Kennerknecht Sozialplaner T 04121 4502-3393 E c.kennerknecht@kreis-pinneberg.de Annelie Oestreich Organisationsassistentin T 04121 4502-1101 E a.oestreich@kreis-pinneberg.de Robert Schwerin Leiter Sozialplanung und Steuerung T 04121 4502-3473 E r.schwerin@kreis-pinneberg.de Sie können das Planungsdossier auch im digitalen Format auf Ihrem mobilen iOS- Gerät nutzen. Dort finden Sie auch noch weiterführende Informationen der Sozialplanung. Die App FOKUS PI ist im App Store zum Download erhältlich. 2 FOKUS 2020Vorwort4–5 Sozialpolitik in Corona-Zeiten 6–7 Sozioökonomische Kontextinformationen 8–9 10–33 Einwohnerdaten Finanzdaten Sozialpolitische Handlungsfelder 34–37 38–41 42–45 46–49 50–53 54–57 58–61 62–63 64–65 66–69 70–73 Infrastruktur sozialer Angebote Mobilität Gesundheit Wohnen Bildung Integration Inklusion Ärztliche Versorgung und Pflege Arbeit Armut Leben und Freizeit Organisation sozialer Kooperation und Netzwerkarbeit 74–76 INHALTSVERZEICHNIS 3VORWORT Die Sozialplanung hat den Anspruch, die Lebensqualität der Menschen im Kreis zu verbessern, indem sie den poli- tischen Gremien Vorschläge zur strategischen Steuerung der Sozialpolitik unterbreitet. Durch den Abgleich von Fakten des Sozialmonitorings mit Erkenntnissen aus partizipativen Prozessen und der Lebenswirklichkeit der Menschen erreicht sie ein höheres Qualitätsniveau in der Planung. Dabei agiert die Sozialplanung in einem dynamischen Umfeld, in dem sich die Rahmenbedingungen einerseits langsam, wie zum Beispiel durch den demographischen Wandel, anderseits auch sehr abrupt, wie jetzt durch die Corona-Pandemie, ver- ändern können. Angepasstes Vorgehen Diese Entwicklung erforderte, die Prozesse der Sozialplanung agil anzupassen. In der jetzigen Situation mit sich dynamisch wandelnden Rahmenbedingungen sind strategische Empfeh- lungen für eine zielführende und gut abgestimmte Sozialpolitik wenig sinnvoll. Weiterhin konnten die Fokusgruppen seit Mitte März 2020 nicht mehr tagen und auch die Steuerungsgruppe Sozialplanung konnte sich im Mai nicht zur Einschätzung der noch vor der Krise ausgewerteten Fakten und erarbeiteten Handlungsempfehlungen treffen. Die bereits erarbeiteten Handlungsempfehlungen beschreiben auch Vorhaben, die langfristige demographische Veränderungen berücksichtigen. Deshalb stehen die Handlungsempfehlungen den politischen Gremien in der digitalen App FOKUS PI zur Verfügung. Da die Folgen der Corona-Situation aktuell noch nicht seriös einschätzbar sind, können sich Vorschläge momentan nur auf Hypothesen und vorsichtige Hinweise beschränken. Die Infor- mationen zu den Finanzdaten und sozialpolitischen Hand- lungsfeldern im Sozialplanung Fokus 2020 beschreiben über- wiegend die Ausgangslage vor der Corona-Situation. Diese sind um eine erste Einschätzung zu den möglichen Auswirkungen der Krise in einer gesonderten Info-Box ergänzt. Im Anschluss an dieses Vorwort greift ein gesondertes Kapitel die möglichen strategischen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Sozialpolitik auf. Entwicklungen in der Sozialplanung Ungeachtet der Corona-Krise sind auch die Bausteine der Sozial- planung des Kreises in den vergangenen zwölf Monaten weiter ausgebaut und qualitativ verbessert worden. Im Netzwerk Sozial- planung sind neue Fokusgruppen zu den Themen Kindertages- betreuung, Altenhilfe und Pflege sowie Teilhabe, hier aufgrund gesetzlicher Änderungen des Bundesteilhabegesetztes (BTHG) zum 01.01.2020, initiiert worden. Das Sozialmonitoring wurde ausgebaut, indem z. B. erstmals auch Daten aus dem Verkehrs- amt kleinräumig zur Verfügung stehen. Die Kooperation mit den kreisangehörigen Kommunen schreitet mit ersten größeren Städten als Piloten weiter voran und auch auf kommunaler Ebene steigt das Interesse an den Erkenntnissen der Sozialplanung. Mit der regelhaften Präsentation der Fokusgruppen in den Fachaus- schüssen und der Herausgabe des Newsletters Sozialplanung ist die Kommunikation in die politischen Gremien und das Netz- werk verbessert worden. Durch mehrere Vorträge bei bundes- weiten Veranstaltungen und Veröffentlichungen in der Fach- literatur hat das Sozialplanungssystem über die Kreisgrenzen hinaus weiter an Profil gewonnen. Dazu trägt auch die Digitalisierung der Sozialplanung bei, die bereits seit 2018 konsequent vorangetrieben und umgesetzt wird. Als weiterer Meilenstein wird der erste Sozialbericht des Kreises erscheinen. Er ist das umfassendste Produkt der Sozialberichterstattung und beschreibt kleinräumig die Ent- wicklungen der relevanten Sozialindikatoren im Kreisgebiet in den vergangenen Jahren. Er versteht sich als Ergänzung zum jährlichen Planungsdossier und beinhaltet keine strategi- schen Zielvorschläge, Handlungsempfehlungen oder Erkennt- nisse aus partizipativen Prozessen. Der Sozialbericht wird in einer beschreibenden Form digital in der vorhandenen App FOKUS PI veröffentlicht. Dieses Format ermöglicht es, dass der Sozialbericht nicht wie ursprünglich vorgesehen alle fünf Jahre erscheint, sondern künftig jährlich durch neue Zahlen und Daten aktualisiert wird. Er steht damit permanent als weitere Informationsquelle für die politische Beratung und Entscheidungsfindung zur Verfügung. 4 FOKUS 2020 / VORWORTNach fünf Jahren findet in der ersten Jahreshälfte 2021 auch wieder die Sozialplanungskonferenz statt. Expert*innen und Vertreter*innen aus verschiedensten Arbeitsgebieten, den poli- tischen Gremien, den Kommunen, den Fokusgruppen und aller Bevölkerungsgruppen werden bei dieser Veranstaltung die Anpassung und Neujustierung der sozialpolitischen Handlungs- felder der Sozialplanung erarbeiten. Weiterhin dient die Konfe- renz dem Informationsaustausch und der Vernetzung zwischen den Teilnehmenden, die die Ergebnisse als Multiplikatoren in ihre Netzwerke transferieren. Das Sozialplanungssystem wird damit auch inhaltlich aktualisiert und weiterentwickelt. Mit seinem jährlichen Prozessablauf sowie der Verknüpfung von Zahlen, Daten und Fakten mit partizipativen Prozessen erweist sich das Sozialplanungssystem nun als ein robustes Instrument, mit dem auch die Herausforderungen der Corona-Pandemie gut bewältigt werden können. Durch die Beteiligten im Netzwerk verfügt die Sozialplanung über einen herausragenden Wissens- schatz zur Lebenswelt der Menschen im Kreis. Über die Säule der Partizipation können schon frühzeitig erste Erkenntnisse über die Folgen der Corona-Pandemie aufgenommen und den politischen Gremien zugeführt werden, die sich in statistischen Analysen erst später abbilden. Allen Mitwirkenden des Netzwerks Sozialplanung gilt daher mein herzliches Dankeschön für ihre bereitwillige Unter- stützung im vergangenen Jahr und auch in der Zukunft. Ebenso möchte ich mich bei allen Kolleg*innen aus den Fachdiensten der Kreisverwaltung und den Mitarbeiter*innen der Stabsstelle Sozialplanung und Steuerung bedanken. Sie haben trotz der herausfordernden Arbeitsbedingungen der letzten Monate das Sozialplanungssystem vorangebracht und die Fertigstellung des vorliegenden Fokus Sozialplanung 2020 unterstützt. Die Themen haben sich aufgrund der Corona-Pandemie in nicht planbarem Maße verändert. Trotzdem konnten die sich ergebenden sehr komplexen Inhalte profund aufbereitet werden. Ihr Heiko Willmann 5SOZIALPOLITIK IN CORONA-ZEITEN Die Corona-Pandemie führt der Gesellschaft in verschiedenen sozialen Bereichen wie ein Brennglas vor Augen, wie elementar wichtig bestimmte Themen sind, z. B. der Zugang zu digitalem Lernen oder ein leistungsfähiges Gesundheitssystem. Dennoch sind die Entwicklungen und Folgen, die insgesamt durch die Krise entstehen werden, wie schon erwähnt, momentan seriös schwer abschätzbar. Aufgrund der derzeitigen Lage lassen sich nur Hypothesen als Grundlage für erste Hinweise dazu bilden. Es ist jedoch fest damit zu rechnen, dass die Corona-Situation sowohl wirtschaftliche als auch soziale Folgen für die Men- schen im Kreis Pinneberg nach sich ziehen wird. Allerdings trifft die Krise schon auf bestimmte Rahmenbedingungen im Kreis Pinneberg, wie z. B. die unterdurchschnittliche Arbeits- losigkeit und das hohe Pendleraufkommen. Dementsprechend gilt es, die sozialpolitischen Strategien künftig so auszurichten, dass sich die bereits existierenden sozialen Problemlagen nicht noch weiter verschärfen. Viele der aktuellen staatlichen Interventionen gerade auf Bundes- und Landesebene sind darauf angelegt, die sozialen und wirtschaftlichen Folgen abzumildern. Die Entwicklungen werden dabei zu unter- schiedlichen Zeitpunkten in ihren Auswirkungen erkennbar werden. Je weiter in die Zukunft diese prognostiziert werden, desto eher handelt es sich nur um erste Tendenzen für künftige Richtungen. Wie stellt sich die aktuelle Situation zum Redaktionsschluss des Planungsdossiers Fokus 2020 dar? Die Arbeitslosenquote im Kreis ist Ende April von 4,6 % im Vormonat deutlich auf 5,2 % gestiegen, bleibt aber erkennbar unter dem Landes- und Bundesschnitt von je 5,8 %. Für etwa 29.600 Menschen wurde Kurzarbeit angezeigt bei knapp 130.000 Beschäftigten im Kreisgebiet (Agentur für Arbeit 2020). Deutschlandweit hat auch das Statistische Bundesamt erste Zahlen geliefert. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) hat sich im 1.Quartal 2020 im Vergleich zum Vorjahresquartal um 1,9 % verringert. Der Lkw-Maut-Fahrleistungsindex, der Anhalts- punkte zur Industrieproduktion liefert, ist seit Beginn der Corona-Einschränkung von 120 auf 95 deutlich abgesunken und auch wenn er seit Anfang Mai leicht ansteigt, bleibt er mit ca. 100 unter den Werten von Anfang März. Dies ist ein Hin- weis, dass deutlich weniger Güter sowohl zur Produktion als auch zum Konsum geliefert werden. Vergleichbares zeigt auch der Auftragseingangsindex, der erstmals seit fünf Jahren mit 86 unter 100 Punkten liegt. Der Umsatz z. B. im Gastgewerbe ist im März um knapp 45 % gesunken (Destatis 2020). Das Sondergutachten der Wirtschaftsweisen hält eine Rezession in Deutschland in diesem Jahr für sehr wahrscheinlich, mit einem Einbruch des BIP um 2,8 % bis zu 5,4 % ist zu rechnen. Von einem weiteren Anstieg der allgemeinen Arbeitslosigkeit ist auszugehen, ebenso von einem Anstieg von Anträgen auf Kurzarbeit. Die Arbeitsvermittlung und Neuanstellungen wer- den eher rückläufig sein, mit mehr SGB II–Empfänger*innen und einem erhöhten Armutsrisiko ist zu rechnen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund rechnet für die Kommunen mit erheblichen Einbußen bei den Gewerbesteuer- einnahmen und deutlichen finanziellen Mehrbelastungen durch Kompensation von Einnahmeausfällen bei öffentli- chen Einrichtungen. Hierdurch können wichtige kommunale Investitionen erschwert oder verzögert werden. Bisher zeigen sich bei den Insolvenzen noch keine Ver- änderungen, da die Insolvenzantragspflicht noch bis zum 30.09.2020 ausgesetzt ist. Auch hier könnten die Zahlen danach ansteigen. Die Innenministerkonferenz und die Sicher- heitsbehörden haben in den vergangenen Wochen vor der Zunahme rechtsextremer Tendenzen gewarnt. Auch für viele Beschäftigte haben sich Änderungen ergeben, so wird in einigen Branchen des Dienstleistungssektors Home Office viel intensiver genutzt. Hieraus lässt sich schließen, dass dieser Trend auch mittelfristig nach der Überwindung der Corona-Pandemie eine stärkere Rolle spielen wird. Es bleibt festzustellen, dass dies nur für bestimmte Beschäftigtengruppen im Dienstleistungssektor mit hoher IT-Nutzung möglich ist. Beschäftigten im Gastgewerbe, Handel, Gesundheitssektor oder Handwerk ist dies schwer oder gar nicht möglich. Weiterhin zeigt sich die Organisation der Kinderbetreuung in Verschränkung mit dem Thema Arbeit. Auch im Home Office ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei gleichzeitiger Betreuung von Kindern im Home Schooling nicht oder nur schwer realisierbar. Kurz- bis mittelfristig wird sich daher noch intensiver als bisher die Frage einer geeigneten Kinder- betreuung in Kindertagesstätten, Tagespflege, Hort und Ganz- tag stellen. Bei reduzierten Plätzen und Gruppengrößen auf- grund umzusetzender Schutzmaßnahmen werden hier die Kosten ansteigen. Auch dem generellen Infektionsschutz und der Pandemieplanung wird in den Bereichen Gesundheit und Pflege eine stärkere Bedeutung zukommen. Eine Bevorratung mit bestimmten Schutzmaterialien und Hygienekonzepte werden auch hier zu Kostensteigerungen führen. Im Bereich der sozialen Dienstleistungen durften in den Phasen des Kontaktverbots und Abstandsgebotes der Corona-Pandemie Angebote wie Tagesbetreuung, Frühförderung oder auch direkte persönliche Beratungen gar nicht oder nur sehr eingeschränkt stattfinden. Die dadurch teilweise wegbrechende Finanzierung führt bei freien und gemeinnützigen Trägern zu einem erhöhten Insolvenzrisiko. Dies ist bei den Schutzschirmen von Bund und Ländern entsprechend zu berücksichtigten, auch hier ist mit Ausgabensteigerungen im Haushalt des Kreises zu rechnen. Andernfalls könnte sich die Infrastruktur sozialer Angebote im Kreis entscheidend wandeln und müsste in einigen Bereichen kostenintensiv neu aufgebaut werden. Mit vermehrter Arbeit im Home Office könnten sich die Pendler- zahlen rückläufig entwickeln. Inwieweit sich Veränderungen beim Wohnen ergeben, ist noch schwer abzuschätzen, das Gleiche gilt 6 FOKUS 2020 / SOZIALPOLITIKfür das Freizeitverhalten der Menschen. Eventuell gewinnt das Lokale und das Quartier vor Ort wieder mehr an Bedeutung. Aus diesen ersten Entwicklungen lassen sich erste mögliche Vorschläge für die strategische Ausrichtung der Sozialpolitik ableiten, die nachfolgend näher beschrieben und im Rahmen des Sozialplanungsprozesses im weiteren Verlauf auch mit der Steuerungsgruppe Sozialplanung diskutiert werden. Auch die von den Fokusgruppen erarbeiteten Handlungsempfehlungen (siehe App FOKUS PI) beziehen sich teilweise auf diese besonders relevanten Themenbereiche. Digitalisierung gestalten Die Digitalisierung wird in zahlreichen Handlungs- feldern voranschreiten, sowohl bei der Arbeit im Home Office als auch beim digitalen Zugang zu sozia- len Angeboten und Leistungen. Vor allem im Bereich Bildung wird sie eine stärkere Rolle spielen. Hier ist es wichtig, ausreichende Zugänge sowohl durch den Aus- bau der informationstechnischen Infrastruktur als auch für bestimmte Personengruppen, die nicht über Mittel für eigene digitale Geräte verfügen, sicherzustellen. Soziale Infrastruktur präventiv ausrichten Hinsichtlich der strategischen Ausrichtung sollte das auch in der Corona-Situation oft von den Wissenschaftlern beschriebene „Präventionsparadoxon“ auch im sozialen Bereich vermieden werden. Dies beschreibt, dass Vor- sorge für Maßnahmen getroffen wurde, die dann nicht eingetreten sind und Schäden, die dadurch ausgeblieben sind, nicht sichtbar sind. Hieraus entsteht die Einstellung, dass eine positive Entwicklung auch ohne präventive Maßnahmen eingetreten wäre. Genau hier liegt jedoch das Problem, denn nur durch Prävention war es möglich, negative Tendenzen zu vermeiden. Daher sollten auch im Sozialbereich zukünftig präventive Maßnahmen nicht vernachlässigt werden, um gravierende negative Aus- wirkungen der Krise abzufedern bzw. zu verhindern. Dialog mit den Kommunen ausbauen Wie die im vergangenen Jahr entwickelte Sozialformel gezeigt hat, ist die soziale Lage innerhalb des Kreisgebietes unterschiedlich. Eine gute aufeinander abgestimmte soziale Infrastruktur und Zusammenarbeit von Kommunen und Kreis ermöglicht es genauer auf die Rahmenbedingungen vor Ort einzugehen und die Bedarfe in den Quartieren konkreter abzuschätzen. Gerade hier haben sich wäh- rend der Corona-Pandemie zahlreiche nachbarschaftliche Unterstützungssysteme entwickelt, die angepasst an die Bedarfe vor Ort agieren. Die kommunalen Verwaltungen sind hierbei die geeigneten Kooperationspartner für noch zielgerichtetere gemeinsame Planungsaktivitäten, gerade auch vor dem Hintergrund der zu erwartenden finanziel- len Mehrbelastungen durch die Krise. Ehrenamt stärken Vor Ort gilt es auch ehrenamtliche Strukturen weiter zu stärken. Wie die Corona-Situation beweist, können hier Strukturen entstehen, die schnell auf sich verändernde Rahmenbedingungen eingehen und benötigte Unter- stützungsmaßnahmen leisten können. Entsprechend sollten diese noch mehr unterstützt und koordiniert werden; auch das Land stärkt mit verschiedenen Maß- nahmen ehrenamtliche Strukturen und das bürger- schaftliche Engagement im kommunalen Raum. Fachkräftemangel kooperativ entgegenwirken Gerade im Gesundheits- und Pflegebereich, aber auch im sozialen Bereich, gilt es, den Fachkräftemangel nicht außer Acht zu lassen. In systemrelevanten Bereichen sind genügend Fachkräfte erforderlich, um die Infrastruktur im Takt zu halten und Überforderung bzw. Stillstand zu verhindern. Mit erhöhten Vorgaben im Rahmen des Infektionsschutzes können sich in allen Bereichen weitere personelle Bedarfe ergeben, insbesondere im Bildungs- und Gesundheitssektor. Zur Qualifizierung der Menschen im Kreis sollten daher Aktivitäten zur Aus- und Weiterbildung weiter betrieben werden. Bezahlbares Wohnen ermöglichen Ausgaben für Wohnraum sind ein zentraler Kosten- faktor für viele Haushalte. Gerade bei steigender Arbeitslosigkeit gilt es, diese langfristige Entwicklung weiter im Blick zu behalten und geeignete Steuerungs- maßnahmen zu erarbeiten, um in der Folge nicht höhere Transferaufwendungen leisten zu müssen. Leistungsfähigen ÖPNV gestalten Vor dem Hintergrund steigender Bevölkerungszahlen und den Erkenntnissen hinsichtlich von Infektions- wegen und Risikogruppen ist der ÖPNV noch einmal neu zu betrachten: Inwieweit die bisherigen Konzepte zur Leistungsfähigkeit des ÖPNV eine Anpassung auf die neue Situation erforderlich machen, ist noch genauer auszuarbeiten. Die vorgenannten Ausführungen sollen als Diskussionsgrund- lage die vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie besonders herausfordernden politischen Beratungs-und Entscheidungs- prozesse unterstützen. In den nächsten Monaten können sich durch neuere Zahlen und Erkenntnisse ggf. auch noch weitere strategisch bedeutsame Themen für die Ausrichtung der Sozial- politik ergeben, die in der Planung und Beschlussfassung über den Doppelhaushalt 2021/22 zu berücksichtigen wären. 7SOZIOÖKONOMISCHE KONTEXTINFORMATIONEN Einwohnerdaten Der Kreis Pinneberg ist von seinen Einwohner*innen der größte und gleichzeitig von seiner Fläche der kleinste Kreis in Schleswig-Holstein. Mit seiner südlichen Grenze zu der Hansestadt Hamburg liegt er damit mitten in der Metropol- region Hamburg. Nicht nur in der Bebauung, sondern auch in der Alltagswelt der Menschen sind diese beiden Gebiete eng miteinander verwoben. Im Bereich Wohnen, Mobili- tät, Kultur, Technologie und Wissenschaft gibt es daher auch auf administrativer Ebene in der Metropolregion vielfältige projektbezogene Zusammenarbeiten. Für den Kreis Pinne- berg ist seine Nähe zu Hamburg insbesondere bedeutsam, weil seine Dynamiken zumindest indirekt von den generellen Ent- wicklungen in Hamburg geprägt sind. Die Bevölkerung ist im Jahr 2018 um etwa 1.700 Menschen gestiegen, was einem Wachstum von 0,55 % entspricht. Das Wachstum ist dabei auf die Betrachtungsräume relativ gleich- mäßig verteilt, einzig im Betrachtungsraum Quickborn ist dieses mit 1,00 % stärker ausgeprägt. Helgoland als Sonder- raum hat nach einem deutlichen Rückgang im Jahr zuvor wieder ein erkennbares Wachstum zu verzeichnen. Wenn man auf einen längeren Zeitraum zurückblickt, so lebten Ende 2011 knapp 53,3 % aller Menschen in den fünf größ- ten Städten im Kreis. Ende 2018 bleibt dieser Wert faktisch unverändert, generell konnten alle Kommunen über 1.500 Einwohner*innen seit 2011 ihre Bevölkerungszahlen ausbauen oder zumindest halten. Wenn man nur die reinen Personen- zahlen betrachtet, sind natürlich die großen Städte trotzdem am stärksten gewachsen. Als Fazit bleibt hier festzuhalten, dass ein Bevölkerungswachstum sowohl in den größeren Städten als auch in kleineren Kommunen zu verzeichnen ist. Die Herausforderung passende soziale Infrastruktur sowohl für größere Städte als auch für kleinere und mittlere Kommunen sicherzustellen, bleibt damit für den Kreis Pinneberg erhalten (Statistikamt Nord 2018). Die Bevölkerungsdichte im Kreis Pinneberg beträgt 473 Per- sonen pro Quadratkilometer (PpQ). Während andere schles- wig-holsteinische Kreise wie Nordfriesland etwa 79 PpQ und die Städte über 1.000 PpQ aufweisen, liegt der Kreis Pinne- berg hier genau dazwischen und weist sowohl ländliche als auch städtische Strukturen auf. Für den Bevölkerungszuwachs allein ist weiter der Zuzug von außerhalb des Kreisgebietes verantwortlich. Auch wenn sich der positive Trend bei den Geburten mit ca. 2.980 und einer Geburtenrate von 9,5 pro 1.000 Einwohner*innen weiter fortsetzt, so erhöhten sich auch die Sterbefälle auf 3.670 Personen. Der Zuzug ist weiter besonders durch Familien geprägt, allerdings sind in allen Altersgruppen mehr Zu- als Wegzüge in das Kreisgebiet zu verzeichnen. Erstmals stehen diese Zahlen für alle Kommu- nen im Kreis zur Verfügung, beinhalten aber auch Umzüge innerhalb des Kreisgebietes. Hier zeigt sich besonders, dass die größeren Kommunen für Berufseinsteiger und ältere Men- schen ein Zuzugsort sind (Statistikamt Nord 2018). Das Durchschnittsalter im Kreis hat sich leicht um weitere 0,1 auf 44,9 Jahre erhöht. Das Durchschnittsalter in Deutschland liegt weiterhin bei 44,4 Jahren, in Schleswig-Holstein leicht Quelle: Statistikamt Nord Fortzüge aus dem KreisZuzüge in den KreisJahrWanderungsgewinne 14.502201816.899 13.915 2017 16.571 15.418 2016 19.286 13.933 2015 17.958 13.183 2014 16.492 12.823201315.773 +2.397 +2.656 +3.868 +4.025 +3.309 +2.950 FOKUS 2020 / SOZIOÖKONOMISCHE KONTEXTINFORMATIONEN 8erhöht bei 45,2 Jahren. Die Menschen im Kreis Pinneberg sind damit etwas jünger als der Landesschnitt und älter als der Bundesschnitt (Statistikamt Nord 2018, Destatis 2018). Das Verhältnis junger Menschen unter 20 Jahren zu arbei- tenden Erwachsenen hat sich leicht erhöht, 326 Kinder und Jugendliche kommen auf 1.000 Personen im arbeitsfähigen Alter (Jugendquotient). Zurückzuführen ist dies hauptsäch- lich auf eine höhere Anzahl (+ 464) an Kindern unter 6 Jahren (Statistikamt Nord 2018). Der Altenquotient bleibt mit 376 momentan stabil, d. h. auf 1.000 arbeitende Personen kommen diese Anzahl an Senior*innen (Statistikamt Nord 2018). Der Altenquotient wird allerdings in den nächsten Jahren steigen, schon jetzt zeigt sich in der Altersstruktur eine wei- tere Zunahme der Menschen zwischen 50 und 64 Jahren und eine Abnahme der Personen zwischen 30 und 49 Jahren. Wenn diese älteren Arbeitskräfte in den nächsten Jahren in Rente gehen, müssen soziale Angebote dies berücksichtigen. Gleichzeitig werden dem Arbeitsmarkt nicht mehr die gleiche Anzahl an Arbeitskräften zur Verfügung stehen. Der prognostizierte weitere Zuzug von Familien wird den demo- graphischen Wandel zwar abschwächen, aber nicht umkehren können. Die Infrastruktur ist dahingehend anzupassen, bei voraussichtlichen weiterem Bevölkerungswachstum in allen Altersgruppen (Gertz Gutsche Rümenapp 2017). Prozentuales Wachstum der Bevölkerung Quelle: Statistikamt Nord Pinneberg Wedel Uetersen Tornesch Barmstedt Elmshorn Quickborn +0,55 +1,00 +0,53 +1,52 +0,37 +0,56 +0,63 Helgoland Kreisdurchschnitt +0,55 % Altersentwicklung Quelle: Statistikamt Nord Änderung seit 2017 Alter 2018 %Total Junge Erwachsene 30–49 Ältere Erwachsene 50–64 Senioren 65+ Berufsanfänger 25–29 in Ausbildung 18–24 in der Schule 6–17 vor der Schule 0–5 5,1 % 25,0 % 23,5 % 22,1 % 7,2 % 11,5 % 5,5 % 16.067 78.600 73.997 69.503 22.587 35.909 17.728 -909 1.882 -289 173 464 -27 445 9Next >