SOZIAL PLANUNG FOKUS 2022Kreis Pinneberg Fachbereich Soziales, Jugend, Schule und Gesundheit Stabsstelle Sozialplanung und Steuerung Kurt-Wagener-Straße 11 25337 Elmshorn www.kreis-pinneberg.de/sozialplanung Ansprechpersonen: Katja de Jong Jugendhilfe- und Sozialplanerin T 04121 4502-3394 E k.dejong@kreis-pinneberg.de Christoph Kennerknecht Sozialplaner T 04121 4502-3393 E c.kennerknecht@kreis-pinneberg.de Annelie Oestreich Organisationsassistentin T 04121 4502-1101 E a.oestreich@kreis-pinneberg.de Robert Schwerin Leiter Sozialplanung und Steuerung T 04121 4502-3473 E r.schwerin@kreis-pinneberg.de Sie können das Planungsdossier auch im digitalen Format auf Ihrem iPad oder Android Tablet nutzen. Dort finden Sie auch noch weiterführende Informa- tionen der Sozialplanung. Die App FOKUS PI ist im App Store und bei Google Play zum Download erhältlich. FOKUS 2022 2Vorwort4 – 5 Sozialpolitische Zielvorschläge 6 – 7 Zentrale Herausforderungen der Sozialpolitik bis 2030 8 – 10 Sozioökonomische Kontextinforma- tionen erstmals in der FOKUS PI App 11Demographie Finanzdaten (ab 15.08.2022) Sozialpolitische Handlungsfelder 12 – 15 16– 19 20 – 23 24 – 27 28– 31 32– 35 36 – 39 40 – 43 44 – 45 46– 49 50– 53 Infrastruktur sozialer Angebote Mobilität Gesundheit Wohnen Bildung Integration Inklusion Ärztliche Versorgung und Pflege Arbeit Armut Leben und Freizeit Handlungsempfehlungen54 – 63 Fokusgruppen im Netzwerk Sozialplanung 64 INHALTSVERZEICHNIS 3VORWORT Um die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen, muss- ten wir alle viele Prozesse in unserem täglichen Leben hinter- fragen und teilweise sogar grundlegend verändern. Auch für die Akteur*innen der Sozialpolitik im Kreis Pinneberg gehören Videokonferenzen und Homeoffice seit Beginn der Pandemie zum neuen Arbeitsalltag. Teilweise wird die politische Willens- bildung dadurch vor große Herausforderungen gestellt, die auch Auswirkungen auf unsere Arbeit in der Sozialplanung haben. Daher arbeiten wir weiter daran, unsere Planungs- prozesse agil zu gestalten und bei Bedarf anzupassen. Neben der Corona-Pandemie ist der Krieg in der Ukraine eine der zentralen sozialen Aufgaben der nächsten Zeit, auf wel- che wir in diesem Bericht im Sonderkapitel „Zentrale Heraus- forderungen der Sozialpolitik bis 2030“ näher eingehen. Durch die momentanen Krisen ergibt sich insbesondere in den Handlungsfeldern Gesundheit und Integration erhöhter Handlungsbedarf. Mit der neu gegründeten Fokusgruppe „Gesundheitsversorgung“ werden wir die Veränderungen der Versorgungsstrukturen in den nächsten Jahren begleiten. Zudem wechselt das ehemalige Aktionsbündnis „Integration“ in die Struktur und Arbeitsweise einer Fokusgruppe. Begleitet von stetigen Herausforderungen haben die Fokus- gruppen im vergangenen Jahr erneut Impulse und Hand- lungsempfehlungen für die weiteren politischen Diskussionen formuliert. Positiv ist weiter, dass durch ein miteinander abgestimmtes Vorgehen zusätzliche Unterstützungsangebote über Förderprogramme von Bund und Land realisiert wurden. Der Austausch aller Beteiligten untereinander ist und bleibt für die Sozialplanung unerlässlich – um so mehr freue ich mich daher auf die zweite Sozialplanungskonferenz, die am 20. August 2022 stattfinden wird. Unter der Beteiligung aller sozialpolitischen Akteur*innen bietet uns diese Veranstaltung Gelegenheit zur Neujustierung sozialpolitischer Themen und zur Stärkung des Arbeitsnetzwerks. Wie vorgesehen wurde das im Kreis Pinneberg aufgebaute Sozialplanungssystem nach fünf Jahren evaluiert. Ersten Erkenntnissen nach hat es sich bewährt und auch in Krisen- zeiten als äußerst robust erwiesen. Eine schöne Bestätigung der Arbeit und zugleich ein weiterer Ansporn dafür, das System laufend weiterzuentwickeln. So entwerfen wir derzeit zum Bei- spiel Ideen, wie sich die Wirkung der Sozialplanung durch eine noch zielgenauere Anschlussfähigkeit an das politische System weiter erhöhen lässt. Auch deshalb arbeiten wir engagiert daran, die Informationen des Fokusberichts nach und nach in die App FOKUS PI für iPad und Android-Tablets einzubinden und noch benutzerfreundlicher aufzubereiten. Beginnend mit den Demographie- und Finanzdaten, erweitern wir in diesem Jahr die digitalen Nutzungsmöglichkeiten von Informationen der Sozialplanung. Mein besonderer Dank gilt unseren Kooperationspartner* innen und den Akteur*innen der Sozialplanung. Ihr hohes Engagement während der zahlreichen digitalen Sitzungen und die Vielzahl äußerst informativer Austausche machen die oben genannten Ergebnisse und Erfolge der Sozialplanung im Kreis Pinneberg erst möglich. Unter den aktuellen Bedingungen sind nun auch wieder Präsenztreffen möglich – ich freue mich bereits auf den direkten persönlichen Austausch vor Ort. Mit dem hier vorliegenden Fokus 2022 und mit Hilfe der App FOKUS PI können alle Beteiligten jederzeit und schnell auf steuerungsrelevante Informationen zur Dis- kussion und Ausgestaltung der Sozialpolitik zugreifen. Viel Spaß beim Lesen! Heiko Willmann Final abgestimmt FOKUS 2022 4 VORWORT5SOZIALPOLITISCHE ZIELVORSCHLÄGE Für das Planungsdossier „Sozialplanung Fokus 2022“ wur- den Informationen und Erkenntnisse aus sozioökonomischen Daten, aus den Empfehlungen diverser Fokusgruppen und der Steuerungsgruppe Sozialplanung sowie den Diskussionen zur Sozialpolitik des Kreises in den politischen Gremien ana- lysiert. Abgestimmt mit der Steuerungsgruppe Sozialplanung wird zusammenfassend empfohlen, die zukünftige Sozial- politik maßgeblich an den nachfolgenden sozialpolitischen Zielvorschlägen zu orientieren. Diese aktuelle Auflistung setzt sich dabei aus Zielvorschlägen der vergangenen Jahre, die aufgrund ihrer langfristigen Ausrichtung weiterhin aktu- ell sind, und neuen Erkenntnissen zusammen. Auch die von den Fokusgruppen oder ergänzenden Arbeitsstrukturen entwickelten Handlungsempfehlungen orientieren sich im Wesentlichen an den sozialpolitischen Zielvorschlägen, die sich als Anregungen für die Diskussionen in den politischen Gremien verstehen. Bezahlbares Wohnen realisieren Die Steigerungen bei den Mietpreisen und den Kaufkosten für Wohneigentum nehmen auch weiterhin zu. Erhöhte Baukosten und Materialmangel hemmen zudem den Neubau von Wohn- raum. Daraus resultierend sind im Kreis geringe Leerstände zu verzeichnen, was eine Herausforderung für alle Bevölkerungs- gruppen darstellt. Zur Verbesserung der angespannten Situa- tion auf dem Mietmarkt sind gemeinsam mit den Kommunen spezielle Angebote für soziale Wohnraumförderung zu ent- wickeln. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf benachteiligten Zielgruppen wie z.B. Älteren oder Menschen mit speziellen Bedarfen. Dies dient auch dazu, zusätzliche soziale Transfer- aufwendungen für die Kommunen und den Kreis (Wohngeld, Grundsicherung etc.) zu vermeiden. ÖPNV-Infrastruktur zukunftsfähig ausrichten Die wachsende Bevölkerung und die weiter zunehmenden Pendlerverflechtungen erfordern auch weiterhin eine ent- sprechend geeignete Infrastruktur des Öffentlichen Personen- nahverkehrs. Um den besonderen Anforderungen sowohl in städtischen Gebieten als auch im ländlichen Raum gerecht zu werden, bedarf es eines kontinuierlichen Ausbaus des Angebotes im Hinblick auf Erreichbarkeit, Barrierefreiheit und Anschlussfähigkeit. Der Nutzungsgrad ist nach Ende der Pandemie auch aus Nachhaltigkeitsaspekten durch pass- genaue Angebote wieder zu steigern. Für eine nachhaltige Mobilität wird die technische Einbindung von E-Mobili- tät immer wichtiger werden. Auch eine geeignete Taktung und passende Übergänge zu anderen Verkehrsmitteln wie zum Beispiel dem Fahrrad sind wichtige Aspekte, um allen Bevölkerungsgruppen im Kreis die nötige Mobilität zur sozia- len Teilhabe zu ermöglichen. Auswirkungen des Fachkräftemangels abmildern Zur Aufrechterhaltung der Infrastruktur sozialer Angebote ist auch wegen des fortschreitenden demographischen Wandels, eine Vielzahl von Fachkräften erforderlich. Speziell durch die Umsetzung von Sonderprogrammen aufgrund der Corona-Pan- demie und des Ukraine-Krieges ergibt sich ein erhöhter Fach- kräftebedarf. Der zu beobachtende Fachkräftemangel zieht sich derzeit bereits durch alle Bereiche der Daseinsvorsorge und stellt mittlerweile eine reale Gefährdung der sozialen Infrastruktur dar. Es gilt daher, die Attraktivität der sozialen Berufe immens zu erhöhen und der Abwanderung von Fachkräften aus sozialen Berufen in andere Berufszweige entgegenzuwirken. Dazu bedarf es einer kooperativen Bündelung aller Aktivitäten und Maß- nahmen, um Fachkräfte für den Kreis zu gewinnen und lang- fristig zu binden. Bestehende Maßnahmen mit Kooperations- partnern wie der Agentur für Arbeit und dem Jobcenter sind dafür verstärkt auszubauen und weiterzuentwickeln. Sozialräume vor Ort gestalten Die Infrastruktur sozialer Angebote wird in interkommunaler Kooperation gestaltet, um die Lebensbedingungen der Menschen vor Ort zu verbessern. Dafür werden die recht- lichen Anforderungen des Bundesteilhabegesetzes (BTGH) und des Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes (KJSG) in längerfristigen Prozessen mit den beteiligten Akteur*innen umgesetzt. Die jeweiligen Vorstellungen und Erwartungen sind abzugleichen und die zu berücksichtigenden Rahmen- bedingungen zu besprechen, um ein gemeinsames Verständnis zur Sozialraumorientierung zu entwickeln. Die erarbeiteten Planungsinformationen sind schließlich kooperativ mit den Erkenntnissen aus der sozialräumlichen Arbeit zu verknüpfen. Auf der Basis eines gemeinsamen Commitments ist ein Umsetzungskonzept mit aufeinander abgestimmten Planungs- prozessen und Arbeitsformen zu entwickeln. Im Ergebnis wird erreicht, dass Ressourcen in den Sozialräumen gebündelt und wirtschaftlich eingesetzt werden. Digitalisierungspotenziale ausschöpfen Die Digitalisierung hat vor allem durch den Ausbau digita- ler Kompetenzen zu erfolgen. Dazu gehören der Erwerb von technischem Know-how und die Fähigkeiten, persönlichen Kontakt im digitalen Raum zu ermöglichen. Dies trägt auch FOKUS 2022 6 SOZIALPOLITISCHE ZIELVORSCHLÄGEzu mehr Bildungsgerechtigkeit bei. Die Unterbreitung von geeigneten digitalen sozialen Angeboten, z.B. in der Gesund- heitsversorgung, ist zukünftig stärker zu fördern. Hierfür sind eine entsprechende digitale Infrastruktur sowie digi- tale Medienkompetenz bei allen Beteiligten aufzubauen. Um Planungsprozesse zu verbessern wird zudem die Möglichkeit des Einsatzes künstlicher Intelligenz erprobt, die Daten bereichs- übergreifend und effizient bearbeitet. Digitale Informationen der Sozialpolitik sind für alle Beteiligten an einem zentralen Ort zugänglich zu machen. Zukunftsfähige Gesundheitsversorgung gewährleisten Ziel ist es, die vor- und nachstationäre gesundheitliche Infra- struktur möglichst wohnortnah zu gestalten und so das Versorgungsangebot sicherzustellen. Hierbei gilt es, eine zusammenhängende übergreifende Betrachtung der gesund- heitlichen Versorgungssituation vorzunehmen und eine Ver- besserung an den Schnittstellen und Übergängen zwischen den verschiedenen Gesundheitssektoren zu erzielen. Dazu bedarf es des Aufbaus einer zielgenaueren Berichterstattung im Gesundheitswesen. Die Kommunale Gesundheitskonferenz wird daher als das zentrale Koordinationsgremium der Gesundheitsversor- gung im Kreis fungieren. Zudem werden die Bedarfslagen einzelner Zielgruppen besondere Berücksichtigung finden. Um weitere gesundheitliche Maßnahmen und Angebote zu planen, werden Instrumente zur regelmäßigen Erhebung von Gesundheitsbedarfen der Bevölkerung entwickelt und eingesetzt. 7 Ukraine-Krieg Mit der russischen Invasion in das ukrainische Staatsgebiet ist eine neue Flüchtlingsbewegung in Europa in Gang gekommen. Hauptsächlich ukrainische Frauen und Kinder haben sich zum Schutz auf den Weg in andere europäische Länder gemacht, darunter auch Deutschland. Auch im Kreis Pinneberg sind in den vergangenen Monaten zahlreiche geflüchtete Menschen angekommen. Mit der Einrichtung einer Koordinierungs- stelle für Geflüchtete aus der Ukraine in der Kreisverwaltung ist eine Struktur geschaffen worden, die ein planvolles Agie- ren in dieser krisenhaften Situation ermöglicht und die u. a. auch die Kommunen bei der Verteilung unterstützt. Die letz- ten verfügbaren Zahlen sind im Kapitel Integration (s. S. 33) zu finden. Da sich Personen aus der Ukraine in den ersten 90 Tagen frei bewegen dürfen und erst mit einer Registrierung die Residenzpflicht und der Erhalt von Sozialleistungen greift, ist die genaue Erfassung der Anzahl der geflüchteten Menschen noch schwierig. Besonders viele Kinder und Jugendliche befinden sich unter den Geflüchteten, was gerade die Kindertageseinrichtungen und die Schulen vor große Herausforderungen stellt. Viel- fach sind Kapazitätserweiterungen erforderlich, es gilt also auch Lösungen für passende Angebote in der frühkind- lichen und schulischen Bildung zu entwickeln. Um zeitnah auf entstehende Bedarfe reagieren zu können, hat der Kreis regelmäßige Austauschtermine mit den Anbietern der Jugend- hilfe und der Eingliederungshilfe eingerichtet. Insgesamt sind die bestehenden Regelsysteme im Kreis zu stärken. Es ist zu erwarten, dass bei einem größeren Teil der Menschen ein Bedarf an psychosozialer Versorgung besteht; Angebote wie die Traumaambulanz sind daher zu befähigen, angemessen mit der aktuellen Situation umgehen zu können. Eine weitere Herausforderung stellt die sprachliche Ver- ständigung dar. Nicht immer können die Geflüchteten Englisch, daher wird momentan auch die Unterstützung durch Sprach- und Übersetzungs-Apps genutzt. Entsprechende Sprachkurse sind im Kreis anzubieten, um eine schnelle gesellschaftliche Integration in Beruf und Alltag zu ermöglichen. Auch auf ZENTRALE HERAUSFORDERUNGEN DER SOZIALPOLITIK BIS 2030 der Internetseite und im Hilfeportal des Kreises (HIP) wurde Ukrainisch als Sprache ergänzt. Eine weitere besondere Herausforderung ist der Wohnraum im Kreis Pinneberg. Wie im Kapitel Wohnen (s. S. 24) beschrieben, gibt es geringe Leerstandsquoten und für viele Bevölkerungs- gruppen wird es zunehmend schwierig passenden Wohnraum zu finden. Dies wird sich durch die Flüchtlingsbewegung noch einmal verstärken. Insgesamt sind die sozialen Hilfesysteme möglichst durchlässig zu gestalten, um die Bedarfe der Menschen aus der Ukraine schnell zu decken. Daneben ist es wichtig, dass der Kreis und die Kommunen das große gesellschaftliche Engagement durch Koordination und Unterstützung gut begleiten. Für die Herausforderungen im Kontext des Themas Flucht und Mig- ration wird auf der Sozialplanungskonferenz im August ein gesonderter Workshop angeboten. Corona-Pandemie Die Corona-Pandemie hat die gesellschaftlichen Abläufe in den vergangenen beiden Jahren stark geprägt. Lockdowns, Homeoffice, Distanzunterricht, abgesagte Veranstaltungen, digitale Treffen sowie hohe Arbeitsbelastungen aufgrund von Infektionen und Quarantäne in den Betrieben haben das All- tagsleben der Menschen bestimmt. Die Pandemie hat sowohl gesundheitliche als auch soziale Auswirkungen, die sich auch noch in den nächsten Jahren zeigen werden. Besonders ältere Menschen haben eine erhöhte Wahrschein- lichkeit eines schweren Verlaufs einer Covid-19-Infektion. Mit der im vergangenen Jahr gestarteten Impfkampagne haben sich jedoch auch hier die Zahlen deutlich reduziert. Während im ersten Quartal 2022, im Vergleich zum Vorjahresquartal, fast 10-mal so viele Infektionen im Kreisgebiet zu verzeichnen waren, betrug die Anzahl der an Corona verstorbenen Personen Zusammenfassung Der aktuelle Krieg in der Ukraine, die andauernde Corona-Pandemie und die gesundheitliche Versorgung im Kontext des demographischen Wandels sind drei zentrale soziale Herausforderungen, deren Folgen und Auswirkungen in den nächsten Jahren die Sozialpolitik im Kreis Pinneberg maßgeblich mitprägen werden und denen mit geeigneten Maß- nahmen entgegenzuwirken ist. Teilweise stehen diese Herausforderungen parallel zu einander und die Abmilderung ihrer Folgen muss gleichzeitig angegangen werden, teilweise bedingen sich diese auch gegenseitig, z. B. in der Frage von Covid-Impfungen oder Infektionsschutzmaßnahmen für geflüchtete Menschen. FOKUS 2022 8 SOZIALPOLITIKim gleichen Zeitraum nur noch etwa ein Zehntel (Kreis Pinne- berg 2022). Welche langfristigen Folgen sich im Gesundheits- bereich, z. B. durch Long-Covid oder Neuro-Covid, ergeben werden, bleibt abzuwarten. Auch die Auswirkungen von ver- schobenen Operationen oder Früherkennungsuntersuchungen werden sich erst noch zeigen. Während ältere Menschen stärker von den gesundheitlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie betroffen sind, machen sich die sozialen Folgen besonders bei Kindern und Jugend- lichen bemerkbar. Durch die zwei Jahre Pandemie hat es bei vie- len Schüler*innen Lernrückstände gegeben. Auch die fehlenden persönlichen Kontakte haben zu einem verstärkten Verlust von sozialen Fähigkeiten bei Kindern und Jugendlichen geführt. Motorische Fähigkeiten haben darunter gelitten, da z. B. wäh- rend der Pandemie kein Schwimmunterricht erfolgten konnte. Mit zusätzlichen kostenlosen Angeboten für Freizeitaktivi- täten sollten diese Defizite kompensiert werden. Angebote der Kinder- und Jugendarbeit sollten wieder in Präsenz stattfinden können. Auch sozial-emotional auffälliges Verhalten und Mediensucht haben sich bei dieser Altersgruppe verstärkt, Prä- ventionsangebote und sonderpädagogische Förderprogramme sollten daher ausgebaut werden. Mit dem Aktionsprogramm der Bundesregierung „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ sind finanzielle Mittel für zusätzliche Angebote in der frühkindlichen Bil- dung, sowie bei Sport-, Freizeit- und Ferienaktivitäten und bei der Unterstützung der Kinder und Jugendlichen in Schule und Alltag bereitgestellt worden. Weiterhin werden für den Abbau der Lernrückstände zusätzliche Förderangebote unter- breitet. Auf Kreisebene wurde für 2022 zusätzlich ein Kinder- und Jugendhilfesonderfonds in Höhe von 0,5 Mio. Euro zur Abmilderung der Folgen der Pandemie und des Ukraine- Krieges eingerichtet. Die beschlossenen Eckpunkte bieten die Möglichkeit, die bestehenden Angebote im Kreis zu erweitern und darüber hinaus erforderliche Maßnahmen zum nächsten Doppelhaushalt kenntlich zu machen. In der älteren Altersgruppe sind die sozialen Folgen besonders im Bereich der Pflege sichtbar. Die Pandemie hat die Personal- not noch einmal erhöht und besonders in der Anfangszeit verstärkte sich die soziale Isolation pflegebedürftiger Men- schen, da Pflegeeinrichtungen unter strengen Hygiene- und Infektionsschutzregeln standen. Auch die Entlastung pfle- gender Angehöriger ist durch den Ausfall kompensierender Angebote weggefallen. Zukünftig sind hier kleinräumige Versorgungseinrichtungen nötig sowie eine Aufwertung von Pflegeberufen anzustreben. Auch die Folgen der Pandemie können im Rahmen der Sozial- planungskonferenz im August auf einem gesonderten Work- shop vertieft diskutiert werden. Gesundheitliche Versorgung Die Corona-Pandemie hat auch den Blick auf die gesundheit- liche Versorgung von allen Seiten und Ebenen wieder verstärkt. Das Gesundheitssystem mit seinem ambulanten, stationären und Notfall-Bereich war und bleibt während der anhaltenden Pandemie unter extremer Belastung. Hohe Erfordernisse im Infektionsschutz, hohe Krankenstände und intensive Arbeits- belastungen bei den Mitarbeitenden verstärken die Situation. Auch den Öffentlichen Gesundheitsdienst haben die letz- ten beiden Jahre durch Infektionsschutz, Kontaktpersonen- ermittlung und Unterstützung der Impfkampagne extrem gefordert. Um sowohl in normalen als auch in Krisenzeiten Hand- lungsoptionen zu haben, mit denen gute Lebensbedingungen für die Menschen gestaltet werden können, ist ein gut aus- gebautes Gesundheitswesen von hoher Bedeutung. Es gilt dabei zu berücksichtigen, dass auf den unterschiedlichen kommunalen Ebenen verschiedene Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten der beteiligten Akteur*innen bestehen, z. B. hinsichtlich der Verteilung von Kassensitzen oder der Krankenhausplanung. Hier bedarf es einer kontinuierlichen Zusammenarbeit und guter Abstimmung in den Schnittstellen zwischen den verschiedenen Sektoren der Prävention, ambu- lanter Versorgung, stationärer Versorgung, der Notfallver- sorgung und des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Ein erster Schritt zur verstärkten Kooperation im Kreis ist die im ver- gangenen Jahr gegründete neue Fokusgruppe Gesundheits- versorgung , in der sich unterschiedliche Beteiligte aus den verschiedenen Gesundheitssektoren austauschen und Hand- lungsempfehlungen entwickeln. Ein weiterer Schritt zur ver- besserten Koordination wird die Etablierung einer Kommuna- len Gesundheitskonferenz sein, in der sich in einem größeren Rahmen 1- bis 2-mal jährlich die relevanten Akteur*innen aus allen Gesundheitssektoren im Kreis treffen. Grundsätz- liches Ziel ist dabei, die Gesundheitsversorgung und medi- zinische Infrastruktur im Kreisgebiet wohnortnah sicherzu- stellen und zukunftsfähig zu machen. Zusätzlich können sich einzelne Veranstaltungen auch mit speziellen Themen, z. B. Demenz, oder Zielgruppen, z. B. Kinder oder Menschen mit Behinderungen, beschäftigen. Eine mediale Begleitung wird auch zu einer zusätzlichen Sensibilisierung der Öffentlichkeit für das Thema Gesundheit führen. Im Kreis Pinneberg gibt es seit dem letzten Jahr besonders intensive Diskussionen über die zukünftige Gestaltung der stationären Krankenhausversorgung. Der Sana Konzern hatte Pläne bekanntgegeben, die beiden aktuellen Klinikstandorte nicht zu modernisieren und im Kreis Pinneberg einen zentra- len Krankenhauskomplex zu bauen und in Betrieb zu nehmen. Dieses Projekt „Regio 2030“ ist auch intensiv im politischen Raum diskutiert worden. Es wurde eine eigene politische Arbeitsgruppe gegründet, die politischen Gremien haben sich ausführlich mit dem Vorhaben beschäftigt und auch die Fokus- gruppe Gesundheitsversorgung ist um eine Stellungnahme gebeten worden. Im März ist der Hauptausschuss überein- gekommen, dass man einem zentralen Krankenhausneubau 9Next >